Da stand er nun, der Kloß von einem Berg und wir wollten da hoch. Um Sieben klingelte
der erste Wecker, sieben nach sieben der zweite. Nun aber raus, Kaffee und los.
Gepackt hatten wir grob am Vorabend schon. Am Morgen war es noch sehr kalt.
Mütze und doppelte Jacke, lange Hose und die Bergschuhe waren Pflicht. Um die
1.200 Höhenmeter galt es zu bezwingen. Sobald mein Blick nach oben ging, sagte
ich leise: „ Du nicht“, gemeint war immer, dass er – also der Berg – nicht
gewinnt. Ich will da hoch, egal was es kostet. Den ganzen Tag hab ich so laut oder leise den Berg besprochen. Wir starteten voll motiviert planmäßig halb neun vom Parkplatz der
Bandereckihütte aus. Gleich ein paar Stufen, weil ich Höhenunterschiede ja so
sehr mag, aber immernoch besser als auf der Straße laufen. Gegen neun waren wir
an der Hütte Hut Vihren. Von dort aus geht es dann ernsthaft los. Zum Sonntag waren doch
einige Leute unterwegs und so war erstmal ein bissel Gewusel, was sich aber
schnell verlief. Wir folgten dem roten Wanderweg, obwohl wir eigentlich blau nehmen wollten. Es ging stufenweise nach
oben, zunächst durch bewaldetes Gebiet, immer mal ein bissel steiler ein bissel
flacher, aber stetig bergan.
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na dann mal los |
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es sieht so lieblich aus |
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voran - Wegfindung |
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DU NICHT |
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er hat das vorherige Bild aufgenommen |
Wir trafen öfter Leute, die wir den ganzen Tag an
verschiedenen Stellen wiedersehen sollten. Einige Gruppen lärmten ganz schön,
die ließen wir immer zügig vorbei. Jeder ging sein Tempo, also Axel zügig
fordernd voran, ich schnaufend lahm hinterher. Es war schon ganz schön heftig. Auf dem Sattel haben wir eine Pause gemacht und Weißbrot mit Schinken und
Käse verspeist, runtergespült mit astreinem Quellwasser aus Vratsa. Dann waren
es nur noch wenige Meter bis zum Grauen. Bis dahin hatten wir schon gute 800
Höhenmeter geschafft, doch der letzte unbewaldete Kegel, der sich uns bot, war echt grauenerregend.
Nur Steine und Schotter, ein Pfad in dem Geröll sichtbar, bunte Punkte, die hoch strebten.
Das war er, der Knackpunkt, hier stirbt jeder für sich allein und es sind noch
knapp 300 Höhenmeter.
Meine Füße schmerzten schon, meine Lunge bestand aus reinem Schmerz (scheiß Gerauche) und
mir wurde immer mehr bewusst: Ich lebe in meinem Feind – meinem untrainierten,
übergewichtigem Körper. Na dann muss der Wille her halten. Noch einmal
schmetterte ich dem Gipfel ein „Du nicht“ entgegen und stapfte tapfer los. Man
sah nichts, gar nichts von 20 min Stapfen. Blick aufs Garmin, es wird nicht
weniger, also weiter. 10 min später, es stehen immernoch 2.7xx m Höhe da, die
2.800 will nicht fallen.Auch weiter 10 min später nicht. Aber irgendwann standen da 2.8xx m und ich wusste: Die
letzten 100 Höhenmeter schaffe ich nun auch noch.
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Bergsee...idyllisch |
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noch ist Weg zu sehen |
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will ich das wirklich? |
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das Grauen - der Schlussanstieg im Hintergrund |
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Chef ist entspannt |
Genauso war es auch, oben
angekommen wusste ich nicht ob ich heulen oder lachen soll, also hab ich mich
für heulen entschieden. Schade, dass ich
kein Bier mehr trinke, meine Belohnung auf dem Gipfel war ein Mineralwasser mit
Kohlensäure. Mit der Faust haute ich auf einen Stein und sprach. „Ich hab es
dir gesagt, Du gewinnst nicht“. Und nun hieß es noch den Cache finden, was sich
in der Steinwüste als schwierig und langwierig erwies, aber von Erfolg gekrönt
wurde. Nachdem eine Meute die Gipfelfahne verlassen hatte, schossen wir die
obligatorischen Fotos und begannen mit
dem Abstieg. Orr nee, ich kann das eigentlich schnell erzählen. Qual, Aua,
Qual, Tränen, Wut. Gewinnt der Schweinhund von Berg doch noch?
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oben und entsprechend fertig |
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herrlich - dem Himmel so nah |
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Gipfelglück |
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ohne Plakette geht nix |
Die etwas längere Fassung beginnt mit dem Überschreiten des Vihren und dem Einstieg in
eine sehr steile Passage, die mit Ketten recht gut versichert war. Bin ich froh das wir
den anderen Weg hoch gelaufen sind, denn eigentlich wollte Axel hier hoch.
Stück für Stück kämpfte ich mich hinab, Knie das erste Mal eingehauen, erste
Tränen. Der weite Pfad ist schon erkennbar, aber noch hufweit weg. Selbst als
der erreicht war, ging es bescheuert weiter, rollig, hinab. Die Stöcke halfen
allerdings bei der Balance enorm. Axel hatte ein Einsehen und wartete in
größeren Abständen auf seine lahme Ente. Der Pfad endete wieder in einer
Steilstufe, ächz stöhn, heul – eher Wutgeheule als alles andere. Nach dem
steilen Stück dann Geröll nach unten. Wer sich erinnert, Geröll ist mir an der
Zugspitze zum Verhängnis geworden und seit dem verbindet Geröll und mich ein
sehr heißer Hass. Aber es war ein Stück sichtbar, das aussah wie gängig. Das
war‘s auch ca 200m. Das war das Erholungsstück auf dem Weg hinab. Nun kann ich
weiter jammern und klagen oder mal was zur Natur sagen. Wir liefen an einer Bergflanke
hinab, Geröll in unterschiedlichsten Größen, Flechten auf Gestein, da mal ein
Blümchen und sogar ein Edelweiß konnten wir entdecken. Der Blick ging immer
wieder ins weite Land, gesäumt von Bergen und Skiliften, der Blick zurück ging
zum Feind, der uns noch ein graues verharrschtes Schneefeld zeigte. Eigentlich war es wunderschön. Zurück unter der Baumgrenze ging der Weg
steil aber gangbar hinab. Ich brauchte trotzdem viel Zeit weil ich mir
zwischenrein das gleiche Knie noch einmal eingehauen habe.
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die Natur mal die schönsten Bilder |
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Blick zurück |
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und wo ist nun der Weg? |
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da runter |
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Edelweiß |
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verharrschter Schneerest |
Relativ weit unten
verzichtete ich auf einen 300m Umweg zu einem Cache, ich wollte nur noch raus
aus den Schuhen und liegen. Das gelang halb sechs dann auch. Grummel stand da
und wartete auf uns.
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kleiner Überblick |
Ich schlüpfte aus den Schuhen und sank in seine weichen
Arme. Tot – naja halbtot. Hatte der Berg also doch gewonnen? Nö, ich bin heil
dort hoch und wieder runter gekommen. Er hat mich geschafft aber nicht besiegt.
Essen hab ich ausfallen lassen, ein Schluck Rotwein reichte zum Tagesabschluss.
Gegen halb acht beschloss Axel doch noch runter ins Tal zu fahren, es war
einfach viel zu kalt auf 1.800 m Höhe. Noch ein zweiter Schluck Wein und
hinlegen war dann für mich alles. Ich will nie wieder laufen.
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hinab hinab hinab |
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geschlossen |
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Steinkreis |
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so möchte ich es in Erinnerung behalten |
Und hier noch vom Vihren
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